Wöchentlicher Blick ins Arbeitsrecht durch RAe Kabey und Glock – Sehr teure Kostenfalle für Arbeitgeber!-Urlaubsabgeltung nach Elternzeit – Bundesarbeitsgericht (BAG)
(Urteil des BAG vom 16.04.2024 – Az 9 AZR 165/23)
Wird das Arbeitsverhältnis zum Ablauf der Elternzeit gekündigt und hat der Arbeitgeber während des Arbeitsverhältnisses keine Kürzungserklärung abgegeben, so muss er den gesamten (!) während der Mutterschutzfristen und Elternzeit entstandenen Jahresurlaub abgelten.
Angewendete Vorschriften:
BUrlG § 7 Abs. 3, § 7 Abs. 4, § 11; BEEG § 17 Abs. 1 Satz 1, § 17 Abs. 2, § 17 Abs. 3;MuSchG § 24 Satz 1, § 24 Satz 2
Die Entscheidung:
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Urteil vom 16.04.2024 -9 AZR 165/23 klargestellt, dass die Kürzungsbefugnis des Arbeitgebers gem. § 17 Abs. 1 S. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) nur während des laufenden Arbeitsverhältnisses besteht und nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr ausgeübt werden kann.
In dem entschiedenen Fall hatte die Arbeitnehmerin nach Mutterschutz mit anschließender Elternzeit in den Jahren 2015 – 2020 das Arbeitsverhältnis selbst zum Ablauf der Elternzeit am 25.11.2020 gekündigt.
Mit Schreiben vom 15.03.2021 hat die Arbeitnehmerin dann den Arbeitgeber zur finanziellen Abgeltung von Resturlaub von insgesamt 146 Arbeitstagen aus den Jahren 2015-2020 aufgefordert. Der Arbeitgeber hat daraufhin die Kürzung des Erholungsurlaubs nach § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG erklärt, wonach der Arbeitgeber Urlaubsansprüche während Elternzeit für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um 1/12 kürzen kann. Mit diesem Argument hat der Arbeitgeber dann die finanzielle Abgeltung der Urlaubsansprüche abgelehnt und keine Zahlungen geleistet.
Das BAG hat den Arbeitgeber jedoch dazu verurteilt, der Arbeitnehmerin die Urlaubsabgeltung zu bezahlen.
Praxis-Hinweis:
Konsequenzen für die Praxis Das Gericht wendet die aktuelle nationale sowie europäische Rechtsprechung und die dazugehörige Gesetzeslage konsequent an, die im vorliegenden Fall jedoch zu schmerzhaften Konsequenzen für den Arbeitgeber führt: Dieser hatte fünf Jahre lang keinerlei Arbeitsleistung seitens der Arbeitnehmerin erhalten, muss jedoch für den gesamten Zeitraum den kompletten Jahresurlaub auszahlen.
Arbeitgeber sind gut beraten, die Kürzungserklärung gleich abzugeben, sobald ein Antrag auf Elternzeit gestellt bzw. die Elternzeit begonnen hat. Der Arbeitgeber muss die Kürzungserklärung auf jeden Fall spätestens vor Ablauf der Kündigungsfrist eines gekündigten Arbeitsverhältnisses abgeben.
Mitarbeitende dagegen sollten immer darauf achten, dass auch während des Mutterschutzes und der Elternzeit, obwohl dort nicht gearbeitet wird, Urlaubsansprüche entstehen, die grundsätzlich im Anschluss danach als Freizeit genommen werden können oder bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses finanziell abzugelten sind.
Markus Glock
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
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